Die Korngrößenbestimmung und die Ermittlung der Korngrößenverteilung sind wichtige Kriterien der Qualitätssicherung von Schüttgütern. In laufenden Produktionsprozessen muss das Ergebnis möglichst schnell vorliegen, um unmittelbar Einfluss auf die Produktionsparameter nehmen zu können. Je nach erwarteter Partikelgröße und Probenmenge kommen zur Analyse unterschiedliche Siebverfahren und Siebmaschinen in Betracht. Die für eine Bestimmung der Partikelgröße verwendete Methode ist zunächst durch die Feinheit des zu siebenden Gutes bestimmt. Der klassischen Siebung von trockenen Schüttgütern mit Wurf-, Plan- oder Klopfsiebmaschinen ist dabei eine Grenze bei etwa 40 μm gesetzt. Durch Nasssiebung kann man mit Wurfsiebmaschinen auch in den Bereich bis etwa 20 μm vordringen. Jedoch muss hierzu die Probe zunächst in Flüssigkeit dispergiert und nach der Siebung filtriert, getrocknet und zurückgewogen werden. Für eine Trockensiebung unter 40 μm bietet sich das Verfahren der Luftstrahlsiebung an. Aber auch zur Bestimmung von Partikelgrößen bis etwa 200 μm wird die Luftstrahlsiebung gerne als schnellere Alternative der Wurfsiebung vorgezogen. Mit allen hier genannten Verfahren kann sowohl die Partikelgröße (sogenannter Siebschnitt) als auch die Partikelgrößenverteilung einer Probe bestimmt werden.
Im Gegensatz zu anderen Verfahren wird bei der Luftstrahlsiebung grundsätzlich immer nur mit einem Sieb gearbeitet. Dabei wird das Sieb mit dem Siebgut auf der Maschine platziert und mit einem Deckel abgedeckt. Der Raum unterhalb des Siebes wird über einen leistungsstarken Staubsauger abgesaugt. Die hierbei angesaugte Luft strömt durch eine Schlitzdüse nach, die nahe unterhalb des Siebs rotiert. Dadurch wird das Siebgut von der einströmenden Luft immer wieder aufgewirbelt und gleichmäßig über die gesamte Siebfläche verteilt. Nun kommen mehrere Effekte zum Tragen:
Normalerweise sind die Drehzahlen der Schlitzdüse unterhalb des Siebes bei Luftstrahlsiebmaschinen fest eingestellt. Allerdings ist eine Variation der Drehzahl durchaus hilfreich. Für empfindliche Materialien empfiehlt sich zum Beispiel die Wahl einer niedrigen Drehzahl, um die Beanspruchung der Probe durch das Aufwirbeln zu minimieren. Die Beanspruchung kann durch Verwendung von Sieben mit 50 mm Höhe zusätzlich reduziert werden, da das Probenmaterial nicht so stark gegen den Siebdeckel prallt. Für Proben mit starker Tendenz zur Agglomeration sind hohe Drehzahlen vorteilhaft. Dadurch wird die Prallfrequenz deutlich erhöht und auch festere Agglomerate werden innerhalb kurzer Siebdauer durch den häufigen Prall gegen den Siebdeckel aufgebrochen.
Gerade sehr feinmaschige Siebe sind anfällig gegen sogenannte Steckkörner, also Verunreinigungen, die das Siebgewebe verstopfen. Dies führt zur Verschlechterung der Siebergebnisse bis hin zu einem frühzeitigen Verschleiß des Siebes. Um die Leistungsfähigkeit des Siebes und damit auch die Reproduzierbarkeit der Siebungen aufrecht zu erhalten und den Reinigungsaufwand zu minimieren (bei Sieben unterhalb 500 μm immer nur Ultraschallbad-Reinigung), hat sich die Einführung der sogenannten Open Mesh Funktion in der Retsch Siebmaschine AS 200 jet als sehr hilfreich erwiesen. Diese Funktion bewirkt, dass sich die Luftstrahldüse nicht kontinuierlich unterhalb des Siebes bewegt, sondern nach dem Muster „Zwei Schritte vor, einen zurück“ zunächst eine Vorwärtsbewegung um 20° und nachfolgend eine Rückwärtsbewegung um 10° durchführt. Dadurch ändert sich die Strömungsrichtung durch das Sieb und Steckkörner werden aus dem Siebgewebe freigeblasen.
In der Abbildung ist das Siebgewebe eines 45 μm-Siebes nach Siebung von Quarzsand ohne (links) und mit (rechts) Open Mesh Funktion dargestellt. Deutlich erkennbar sind einige Maschen nach der Siebung ohne Open Mesh Funktion noch verstopft, während das Sieb unter Verwendung der Open Mesh Funktion komplett frei bleibt. Diese erhöht also durch die schonende Reinigung des Siebgewebes die Reproduzierbarkeit der Siebung und die Standzeiten der Siebe gegenüber einer normalen Luftstrahlsiebung.
Obwohl immer nur ein Sieb auf einer Luftstrahlsiebmaschine verwendet werden kann, ist es auch mit diesem Gerät möglich, Partikelgrößenverteilungen zu bestimmen. Dazu stehen zwei Verfahren zur Verfügung: Beim Standardverfahren wird die gesamte zu siebende Probenmenge auf das feinste Sieb aufgegeben. Nach erfolgter Siebung und Rückwaage wird das Überkorn quantitativ auf das nächst-gröbere Sieb gegeben und erneut gesiebt. Dieser Vorgang wird fortgeführt, bis die Probe komplett fraktioniert ist. Beim sogenannten „Schweizer Verfahren“ wird die Probe zunächst auf die Anzahl der zu untersuchenden Korngrößenklassen geteilt und jede Teilmenge einzeln mit dem jeweiligen Sieb analysiert. Wichtig hierbei ist eine repräsentative Probenteilung, um die Korngrößenverteilung in allen Teilproben identisch zu halten. Die besten Ergebnisse einer solchen Probeteilung bietet ein Rotationsprobenteiler (z.B. Retsch PT 100), mit dem 6, 8 oder 10 gleiche Teilproben aus dem Ausgangsmaterial gewonnen werden können.
Vorteil des Standardverfahrens ist der geringe Probenverbrauch während die Stärke des „Schweizer Verfahrens“ die höhere Genauigkeit ist, da weniger Fehler durch Siebverluste (=> quantitativer Übertrag des Überkorns vom feinen auf das gröbere Sieb beim Standardverfahren) entstehen können. Eine Software-unterstützte Auswertung erleichtert und verkürzt die Datenverarbeitung und vermindert außerdem Anwenderfehler bei der Datenübertragung und Berechnung. Die Software (wie z.B. EasySieve®) führt den Anwender durch den gesamten Siebprozess. Dabei werden die Siebmaschine gesteuert und die Wägedaten ausgelesen, um nachfolgend normgerechte Protokolle zu erstellen und nach Bedarf unterschiedliche Kenngrößen zu ermitteln.